Beyond the Screen mit YUNUS ROY IMER

Der DOP über seine Elemente «Kamera» und Wasser

09.12.2025

Yunus Roy Imer ist hinter der Kamera ganz in seinem Element. Spätestens seit seiner Arbeit für THE OUTRUN (2024) und SYSTEMSPRENGER (2019) von Regisseurin Nora Fingscheidt ist der Kameramann auch international bekannt. Seine aktuelles Projekt A HAPPY FAMILY von Jan-Eric Mack wird als eine von nur 14 ausgewählten Produktionen im Rahmen der Work-in-Progress Sektion am Les Arc Film Festival präsentiert.

Du hast dieses Jahr «A HAPPY FAMILY» abgedreht. Wie happy wart ihr am Set?

Wir waren eine wirklich sehr happy family! Jan-Eric Mack und Anna Schinz, die Drehbuchautorin und eine der AutorInnen sind langjährige gute Freunde von mir. Die Zusammenarbeit mit dem ganzen Team war wirklich sehr schön, obwohl die Geschichte auch dramatische und gesellschaftspolitische relevante Themen behandelt. Wir haben mit einem gut kalkuliertem, aber nicht üppigem Budget gearbeitet und uns dabei auf das hohe professionelle Niveau jeder einzelnen beteiligten Person verlassen dürfen.

Jan's Arbeitsweise verkörpert für mich gemeinsames, nachhaltiges Filmemachen. Diese Art der Arbeit schafft eine Atmosphäre, die einfach jedem Aspekt des Filmemachens und des Lebens zugutekommt. Und Anna Schinz hat eine unglaubliche Performance hingelegt. Der Film ist nun fast fertig, und ich bin wirklich sehr stolz darauf und kann die Veröffentlichung kaum erwarten. 

Für «THE BLIND FERRYMAN» warst Du längere Zeit im Irak am Drehen. Ist Wasser dein bevorzugtes Element?

Ich liebe Wasser! THE BLIND FERRYMAN (AL BASEER) erzählt eine märchenhafte Geschichte in der sogenannten Wiege der Menschheit, in Mesopotamien im Süd-Irak, eine wirklich faszinierende Gegend, die zu so einem grossen Teil aus Wasser besteht. Die einzigartige Natur und die Menschen, die dort leben, sind leider existenziell gefährdet und betroffen von der Wasserknappheit auf Grund menschlicher Einflüsse weiter stromaufwärts sowie global.

Auch THE OUTRUN spielt am Wasser, wo wir mit den so genannten Selkies, also wilden Seehunden gedreht haben. Faszinierende Wesen, neugierig und scheu zugleich, wir haben uns mit ihnen aus respektvoller Distanz angefreundet, das Wasser hat die Begegnung aber natürlich nochmal extra besonders gemacht.

Was fasziniert dich an deinem Job?

Ganz besonders all die verschiedenen Orte und Menschen, denen ich dadurch schon begegnen durfte. Und die Zusammenarbeit für so ein Projekt, die Energie und der Fokus der mit all den Menschen und ihren Künsten, Handwerken und Fähigkeiten zusammenkommen. Dann die Geschichten, der Rhythmus und die Gestaltung davon. Und die Freundschaften, die daraus entstehen, auch wenn es manchmal nur für die Dauer der Filmarbeiten ist.

Wie sehr prägen dich deine Filme? Gibt es Szenen, von denen Du immer wieder träumst?

Das Leben im Film prägt mich am meisten. Während der Arbeit am Film ist das Erleben des Gestalteten, also der Film selbst in seinem Ausdruck nur ansatzweise erlebbar, da bin ich oft sehr beschäftigt mit der Umsetzung der Vision, der Intuition, wie etwas gestaltet werden soll, sowie den Drehbedingungen. Aber wenn der Film dann fertig ist, wenn ich ihn dann mit allen Aspekten finalisiert schauen kann, dann prägt mich der Film als Film und dann kann ich endlich in diesen Traum auf der Leinwand eintauchen.

Was braucht es, dass du zu einem Projekt ja sagst?

Die wichtigsten Aspekte für mich sind eine erzählenswerte Geschichte und die Zusammenarbeit mit guten Menschen. Natürlich sind Bedingungen wie Ort, Dauer Bezahlung auch ein wichtiger Faktor. Meine finanzielle Situation kann auch ausschlaggebend sein, aber da bin ich eher risikofreudig. Oft ist das auch eine gute Taktik, um für schöne Stoffe verfügbar zu bleiben.

An welchen aktuellen Projekten arbeitest Du?

Im Moment bin ich am Grading zu A HAPPY FAMILY und A STATE OF US, einem in Nordengland gedrehten Indie Low-Budget-Spielfilm-Debut. Und auch THE BLIND FERRYMAN wird schon sehr bald fertiggestellt! Ansonsten fliegen gerade einige Projekte rum, aber noch keins davon ist wirklich spruchreif.

Mit Autorin Rebecca Martin (mit der ich auch verheiratet bin) und Produzentin Leslie-Alina Schäfer arbeiten wir gerade an einem neuen Online-Format, nopressure99bookclub, in dem Celebrities mit Autor:innen ein Gespräch zu einem ihrer Bücher führen. Das macht mir grossen Spass, weil es teilweise Überschneidungen mit meinem eigentlichen Beruf hat, aber auch eine ganz neue Erfahrung ist.

Wie inspiriert dich dein tägliches Umfeld?

Ich bin in Berlin und seit einem Jahr auch in London zuhause. Wir sind unter anderem auch dorthin gezogen, um internationaler arbeiten zu können. In London liebe ich die «let’s get this done» Mentalität, das Optimistische, die vielen Meetings, die hohe Taktung. Aber auch Spaziergänge in grossen schönen Parks, in der Stadt, das kulturelle Angebot, die vielen freundlichen Menschen und die unzähligen gemütlichen Pubs!

Welches war dein körperlich anstrengendster Job?

Der Dokumentarfilm SPACE DOGS (2019): Winter, Frühling und Sommer in Moskau einer Gruppe von Strassenhunden mit der Kamera hinterherrennen, bei Tag und Nacht und jeder Witterung! Und bei OHNE DIESE WELT, den wir bei einer mennonitischen Kolonie in Nordargentinien gedreht haben, da habe ich mir mal einen Sonnenstich geholt bei 45 Grad im Schatten!

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